Meldungen aus dem Bezirksverband Nordbaden
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Historisch-politische Bildung außerhalb des Klassenzimmers

Eberbacher Realschülerinnen und -schüler auf Studienfahrt in Niederbronn-les-Bains

„„Durch diese Fahrt konnte ich sehr viel lernen, was ich in einem Klassenzimmer nie gelernt oder verstanden hätte. Etwas mit eigenen Augen zu sehen, ist ganz anders, als es nur in Schulbüchern, auf Bildern oder Videos zu sehen.“  “

Dieses einleitende Schülerzitat vermittelt den Lernzuwachs, den die Klasse 9a der Realschule Eberbach auf ihrer historisch-politischen Studienfahrt nach Niederbronn-les-Bains in Frankreich gesammelt hat.

Eine dreitägige Studienfahrt bildete den lebendigen Lern- und Erfahrungsrahmen, innerhalb dessen sich den Schülerinnen und Schülern eine Vielzahl an ein- und ausdrucksstarken Bildern eröffnete.  Ausgehend von der Jugendbegegnungsstätte Niederbronn-les-Bains des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. besuchten die Eberbacher Realschülerinnen und -schüler Lernorte, die dem besseren Verständnis der bewegten deutsch-französischen Geschichte dienen.

Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus besuchte die Klasse 9a das ehemalige Konzentrationslager Struthof. Eine mehrstündige Begehung öffnete den SchülerInnen die Augen für die Grausamkeit und die Barbarei eines Konzentrationslagers:

Als wir oben ankamen, wurde mir ganz düster. Eine traumhafte Aussicht - und vor einem lag ein düsterer Ort, an dem es mehr Tote zu beklagen gibt als Menschen, die dort stehen könnten. Es war windig, kalt und selbst mir, der sehr warm angezogen war, machte die Kälte zu schaffen und jetzt muss man sich mal überlegen, wie eine Person ohne Unterwäsche, ohne richtige Schuhe, ohne richtige Bekleidung und komplett kahl rasiert dort gelitten hat. Man muss sich die nassen und kalten Winter vorstellen, einfach abscheulich. Jeder Schritt an diesem Ort ließ dir den Tod bis in die Knochen hoch spüren, ein wahrlich grausames Gefühl“  (Zitat eines Schülers aus dem Reisetagebuch). 

Die Auseinandersetzung mit den Schrecken des Nationalsozialismus

Die Auseinandersetzung mit den Schrecken des Nationalsozialismus mündete in einem sehr bewegenden Vortrag, den Raymond Levi am Abend in Niederbronn-les-Bains hielt. Seine Familie wurde mütterlicher- und väterlicherseits zum Großteil im Holocaust ermordet. Tief erschüttert und bewegt aufgrund seiner tragischen Familiengeschichte hinterfragten die Jugendlichen unseren gegenwärtigen Alltag: „Es gibt viele Dinge, für die es sich zu kämpfen und zu engagieren lohnt. Zum Beispiel ist es wichtig, sich für die Menschenrechte aller Menschen einzusetzen, für eine Zukunft ohne Hass, Diskriminierung und Rassismus.“ Die Schrecken eines Krieges offenbarten sich den SchülerInnen nicht nur anhand der Dimensionen der gewaltigen Bunker- und Festungsanlagen der Maginot-Linie, sondern auch mit Blick auf die Kriegsgräberstätte Niederbronn-les-Bains.

Die tiefere Bedeutung des Ausspruchs des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Juncker konnten die Schülerinnen und Schüler beim Anblick der Grabsteine von 15.500 Toten nachvollziehen: „Wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen.“ Angesichts des Wiedererstarken des Nationalismus geht von der Vielzahl der Toten auf der Kriegsgräberstätte eine deutliche Mahnung aus, Frieden als unbezahlbares Geschenk zu schätzen, das man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen darf.  Welchen Lernzuwachs bietet eine solche Studienfahrt ins Elsass? Für die „Daheimgebliebenen“ liefert die Perspektive teilnehmender Schülerinnen und Schüler spannende Einblicke – wenn Du eine Reise tust, dann kannst Du was erzählen … und lernen:

Andere Schüler sollten auch unbedingt die Möglichkeit zu so einer mehrtägigen Studienfahrt erhalten, weil man Dinge lernt, die man im Klassenzimmer nicht lernen oder verstehen kann. Durch das persönliche Besuchen und Erleben der verschiedenen Orte merkt man sich die Sachen besser, man erinnert sich an den Ort und dann erinnert man sich auch gleich an die Eindrücke und Lehren, die man dort gesammelt und gemacht hat (Zitat eines Schülers aus dem Reisetagebuch). 

Das Fazit der Klasse 9a

Wir bekamen in diesen drei Tagen wertvolle Einblicke in „Geschichte vor Ort“.

Wir nahmen sehr viel Lehrreiches für die Zukunft mit und werden uns sicherlich in einigen Jahren noch an diese großartige Erfahrung erinnern. Wir, die Klasse 9a, möchten uns herzlich bei den Verantwortlichen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und dem gesamten Team der Jugendbegegnungsstätte Niederbronn-les-Bains für den Aufenthalt vor Ort bedanken.

Unser großer Dank gilt auch der Stiftung „Gedenken und Frieden“, deren finanzielle Unterstützung die Reise mit ermöglichte. Die Unterstützung dieser Stiftung macht es mit möglich, dass uns dieser Lern- und Erfahrungsraum offensteht.

Text: Martin Kohler